After Sales Service: Nicht nur über die Zukunft sprechen. Auch heute bereits die Chancen nutzen.
6. Mai 2019
Was sind die Trends im After Sales Service? Ein Gespräch zwischen Managementberater Andreas E. Noll und Patrice Geiger, Vice President Sales bei Empolis.

Patrice Geiger, Empolis:
Herr Noll, welche Trends beobachten Sie als Berater gerade im After Sales Service und was denken Sie darüber?

Andreas E. Noll, no-stop.de:
Eigentlich ist es ja ein Gemeinplatz: Wir haben keine Zeit mehr. Umgesetzt auf die industrielle Produktion heißt das, dass es keine Stillstände mehr geben darf. Und weil Maschinen und Anlage nun einmal ganz reale Dinge sind, lassen sich Stillstände nicht völlig vermeiden. Damit ist dann der After Sales Service, eben meine Kunden, gefordert.

Patrice Geiger, Empolis:
Aber war das denn nicht schon immer so?

Andreas E. Noll, no-stop.de:
Natürlich hatten Instandhalter, Service-Organisationen und Ersatzteillogistik schon immer die Reaktionszeiten im Blick. Lag der Fokus zunächst „nur“ auf der schnellstmöglichen Beendigung von Ausfällen, wurde doch schnell auch das Feld der vorbeugenden Wartung professionell ausgerichtet. Diese Elemente werden ganz sicher auch bleiben.
Hinzu kommt allerdings, dass stark vernetzte Fertigungsstraßen und schlecht erreichbare Anlagen wegen extremer Stillstandskosten eben keinen Ausfall dulden. Denken wir zum Beispiel an Windparks in der Nordsee. Da kostet allein schon die Anfahrt einen 5-stelligen Betrag. Das wollen Sie ganz sicher nicht öfter machen als unbedingt zwingend erforderlich.

Patrice Geiger, Empolis:
Wie ist denn da der tatsächlich eingesetzte Stand der Technik?

Andreas E. Noll, no-stop.de:
Na ja, wenn wir ehrlich sind, und nicht nur den Vorträgen auf teuren Kongressen glauben wollen, gibt es noch viel Luft nach oben. Und das, obwohl die deutsche Investitionsgüter-Industrie weltweit bekannt ist für exzellente Produkte. Nehmen wir eine Entwicklung, die die meisten Älteren kennen: den Service vom eigenen Auto. Wir sprechen hier nicht gerade über kleine Serien. Und trotzdem hat es Jahrzehnte gedauert, bis die Service-Intervalle von 10.000 km auf 25.000 oder 30.000 km verlängert wurden. Wohlgemerkt, alles vorbeugende Wartung.
Nehmen wir im Gegensatz dazu den Anlagenbauer mit der Seriengröße 1. Woher wollte der die Erfahrungen nehmen, wie lange es bis zum ausfallkritischen Verschleiß braucht? Also müssen andere Techniken her. Und hier leistet Predictive Maintenance schon heute einen interessanten Beitrag. Zumindest bei einigermaßen gleichmäßigen Bewegungen, etwa großen Druck-Straßen, erlaubt die ohnehin vorhandene Sensorik die Messung von Betriebszuständen. Und damit auch die Auswertung.

Patrice Geiger, Empolis:
Kaum eine Maschine, die nicht über Sensorik verfügt. Dann wird es ja demnächst wohl keine Reparaturen mehr geben, oder?

Andreas E. Noll, no-stop.de:
(Lacht) Das werden wir beide wohl nicht mehr erleben.
Was wir allerdings heute schon sehen, ist, dass mit der Ausweitung von digital auslesbaren Sensoren, mit den Möglichkeiten der Daten-Übertragung und schließlich mit der Daten-Auswertung der Schritt von sehr großen und teuren Anlagen hin zu einzelnen Maschinen vollzogen werden wird. Schon die Strom-Aufnahme eines einzelnen Motors kann so die relevanten Informationen liefern, die Predictive Maintenance braucht. Oder Durchflussmengen, die Auskunft über verstopfte Filter geben. Das genau ist die Information, die der After Sales Service braucht, um eine Stilllegung an einem Wochenende zu planen. Aber eben erst dann, wenn das Ende einer Nutzungsdauer absehbar ist, und nicht früher. So maximiert Predictive Maintenance den Kundennutzen. Und reduziert außerdem noch die Kosten für die Wartung. Was einige meiner Kunden, die Service und Ersatzteile verkaufen, durchaus auch mit einem weinenden Auge sehen.

Patrice Geiger, Empolis:
Jetzt muss ich aber doch noch einmal nachhaken. Was genau ist jetzt der Grund, warum Reparaturen weiterhin vorkommen?

Andreas E. Noll, no-stop.de:
Ich nehme noch einmal das Beispiel des Autos. Wir haben ja nicht nur Stillstand durch Verschleiß oder Ermüdung von Bauteilen. Die teuren Schäden kommen auch in diesem Bereich eher durch menschliches Versagen, der klassische Unfall eben. Da gibt es zwar Zeitgenossen, da kann auch ich vorhersagen, dass da etwas passieren muss. Aber nicht, wann.
Spaß beiseite. Je komplexer die Maschine, desto größer die Chancen einer Fehlbedienung. Oder ein Staplerfahrer passt nicht auf. Oder die Schmierung fällt plötzlich aus. Auch die Elektronik selbst versagt, ohne dass es sich ankündigte. Dabei hat gerade dieser Bereich in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Das bereitet Instandhaltern und Service-Technikern zunehmend Sorgen.

Patrice Geiger, Empolis:
Warum denn das?

Andreas E. Noll, no-stop.de:
Hier geraten Service-Organisationen gleich zweifach in die Bredouille. Einerseits schrumpfen die Lebenszyklen der Elektronik beständig. Es kommt heute vor, dass elektronische Bauteile noch deutlich vor Ende der Serienproduktion abgekündigt werden. Da kann kein Mensch mehr ernsthaft Erfahrungen sammeln.
Andererseits stagniert die Zahl der Monteure, die die ganze Palette an erforderlichen Techniken beherrschen. Wenn sie nicht sogar rückläufig ist. Hier kommt gerade für ältere Maschinen die demografische Entwicklung hinzu. Dadurch tut sich eine gewaltige Know-how-Lücke auf.

Patrice Geiger, Empolis:
Wie kann das denn für ältere Maschinen ein Problem sein? Da müssen doch praktisch alle Fehler schon einmal aufgetreten sein.

Andreas E. Noll, no-stop.de:
Bei den Serienfertigern ist das tatsächlich so. Das geht noch weiter. Die Fehler und deren Behebung sind oft sogar dokumentiert. Nur war das bisher in der Regel eher lästig für den Techniker. Er selbst hatte ja auch nichts von einer präzisen Dokumentation. Da es aber oft auch gegenüber dem Kunden Pflicht war, hat man es halt gemacht. Jeder so, wie er oder sie glaubte, dass es ok ist. Jetzt suchen Sie einmal danach! Das finden Sie nie wieder. Jede Menge Daten, und doch keine Informationen.
Für den Kunden ist die Situation besonders unangenehm. Der hat auf der Basis eines Fehlercodes die Anlage gestoppt. Dann kommt der Techniker – und weiß auch nicht so recht…
Jetzt sind wir wieder beim Thema Stillstandszeit. Ohne aufwendigen Second-Level-Support passiert erst einmal nichts. Denn so lange zum Beispiel die Ersatzteillogistik nicht mit einer Artikelnummer gefüttert wird, liefert sie auch nichts.

Patrice Geiger, Empolis:
Wie reagieren Ihre Kunden darauf? 

Andreas E. Noll, no-stop.de:
Nun, zum einen werden Ersatzteil-Dokumentationen heute elektronisch erstellt. Das Ersatzteilbuch in Papier ist passé. Selbst die PDF-Version veraltet heute zu schnell. Die Häufigkeit von Ersetzungen lässt sich nur noch mit elektronisch nachverfolgen.
Hinzu kommen mittlerweile aufwendige Dokumentationen verbauter Softwarestände und deren Spezifikation. Denken Sie nur an die Updates, die Sie selbst für die Firmware von PC, Handy und WLAN-Router im Consumer-Bereich kennen. Doch die Dokumentation alleine löst nicht das Problem des Prozesses von der Fehler-Beschreibung hin zu Reparatur.
Einzelne Anwender nutzen dafür Service Express von Empolis. Damit können Sie die bisher schlecht strukturierten Daten auswerten und für alle Anwender zur Verfügung stellen. So geht das Wissen aus den unterschiedlichen Formen der Dokumentation nicht verloren.

Patrice Geiger, Empolis:
Herr Noll, vielen Dank für dieses Interview. Wie kann man Sie am besten erreichen, wenn man sich für Details Ihrer Arbeit interessiert?

Andreas E. Noll, no-stop.de:
Am einfachsten erreichen Sie mich natürlich persönlich, telefonisch unter +49 160 581 9713. Aber Ihre Leser können sich gerne erst einmal zu einem der vielen Themen kostenlos in meinem Blog umsehen. Per Mail erreichen Ihre Leser mich über Andreas.Noll@no-stop.de.

Andreas E. Noll hilft mit seiner Managementberatung no-stop.de mittelständischen Unternehmen der Investitionsgüter-Industrie. Er unterstützt vor allem in den Bereichen After Sales Service und Ersatzteillogistik

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