Industrie: Die Künstliche Intelligenz kommt bald in die Fabrikhalle!
29. Juli 2019
Die erste industrielle Revolution hat uns Menschen mit der Dampfmaschine einen Kraftverstärker beschert. Die künstliche Intelligenz hilft uns jetzt, in der vierten industriellen Revolution, Denkverstärker einzusetzen.

Ein Team aus Mensch und Bagger ist effizienter als ein Mensch mit Schaufel – sogar effizienter als viele Menschen mit Schaufeln. Diese Analogie kann man ausweiten: Ein Team aus Mensch und Computer ist effizienter als viele Menschen mit Papier und Stift. 

Durch die Digitalisierung und mithilfe der künstlichen Intelligenz entstehen jetzt Assistenzsysteme, die Menschen dabei helfen, mehr Informationen in kürzerer Zeit zu verarbeiten. Dies ist inzwischen eine absolut notwendige Hilfestellung für den Werker, weil unsere Welt immer digitaler, schneller und komplexer wird.

Schwache und starke KI

Es gibt zwei große Strömungen in der KI-Forschung: Wir haben es heute mit der „schwachen“ KI zu tun, die nur bestimmte Aufgaben effizient und effektiv ausführen kann. In vielen Bereichen ist hier inzwischen die Maschine ganz klar dem Menschen überlegen. Als ein Beispiel sei hier der Schachcomputer genannt, der heute von einem Menschen nicht mehr besiegt werden kann. 

Eingegrenzt auf den Bereich Schach hat die Maschine damit schon heute „Super-Human“-Fähigkeiten. Diese Entwicklung setzt sich weiter fort, auch und gerade in Maschinenbau-Anwendungen. Umfragen, bspw. vom Bitkom, zeigen, dass Mitarbeiter diesen eher unterstützenden Technologien durchaus sehr aufgeschlossen gegenüberstehen. Es gibt hingegen noch keine Belege dafür, dass wir jemals in der Lage sein werden, eine wirklich intelligente Maschine – d.h. eine „starke“ KI – zu erschaffen. Aktuell ist dies, trotz aller positiven Presseberichte, immer noch reine Science-Fiction.

Anwendungsbereiche von KI in der Industrie

Künstliche Intelligenz lässt sich in fast allen Bereichen des Maschinenbaus einsetzen: in der Entwicklung, im Verkauf, in der Produktion und vor allem im Service. Die Anwendungen reichen hier von der Inbetriebnahme über die Instandhaltung/Überwachung bis hin zur Reparatur. So lassen sich auch die Erfahrungen aus dem Feld, dem Maschinenbetrieb und dem Service wieder in das Unternehmen, zum Beispiel in die Konstruktion, zurückspielen oder für die Optimierung der OEE (Overall Equipment Effectiveness) beim Kunden nutzen. 

Auch im Maschinenbau geht der Trend inzwischen ganz klar und sichtbar hin zu „Everything as a Service.“ Die Gewinne aus dem Service sind inzwischen 400 Prozent größer als die Gewinne aus dem eigentlichen Maschinenverkauf. Eine große Veränderung besteht darin, dass die Branche damit mehr Kontakt zu ihren eigentlichen Nutzern bekommt. Während früher der Kunde die Maschine übernahm und der Hersteller nur wenig darüber wusste, wer am Ende der eigentliche Nutzer ist und wie sein Produkt genau betrieben wird, ändert sich dies durch die zunehmende Digitalisierung gerade massiv. 

Bei vielen Anlagen und Maschinen kommt es darauf an, die Parameter auf die jeweilige Produktion genau abzustimmen. Im Moment übernehmen Menschen, die Maschinenführer, diese Aufgabe. Sie benötigen dazu oft eine langjährige Erfahrung und entscheiden oft „eher aus dem Bauch“ heraus. Viele dieser Mitarbeiter sind aus der Generation der Babyboomer und werden in den nächsten Jahren in Rente gehen. Deren Know-how darf aber keinesfalls verloren gehen, die Auswirkungen auf die OEE wären vermutlich sehr hoch. Hier können KI-Lösungen dazu beitragen, dieses Wissen zu konservieren und auch in Zukunft weiter produktiv zu nutzen.

Verpassen Sie nicht den Anschluss!

Unternehmen im Maschinenbau, die das Thema Künstliche Intelligenz verpassen, werden mittelfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren, weil sie weder effektiv noch effizient genug sein werden. Es besteht zudem – durch Fachkräftemangel und den demografischen Wandel – die Gefahr, gar nicht mehr ausreichend erfahrene Mitarbeiter zu gewinnen. 

Künstliche Intelligenz sorgt dafür in Zukunft, dass Inbetriebnahme-, Wartungs-, Betriebs- und Reparaturprozesse im Maschinenbau schneller, besser und weltweit immer mit der gleichen Qualität erledigt werden. Digitale Assistenten und Werker-Assistenzsysteme bilden daher den nächsten logischen Schritt in der vierten industriellen Revolution. Mensch und Maschine werden zukünftig enger zusammenarbeiten müssen. Doch dies bedeutet keineswegs, dass künstliche Intelligenz den Menschen in der Industrie in Zukunft ersetzen wird. 

Sowohl die „starke künstliche Intelligenz“ als auch die „Fabrikhalle völlig ohne Menschen“ werden wohl eine Vision bleiben. Vielmehr gewinnt der Mensch einen intelligenten Assistenten, der ihm als Denkverstärker ständig zur Seite steht, damit er in der Fabrikhalle auch in schwierigen Situationen stets die richtige Entscheidung treffen kann.

 

Literaturtipp:

„Connected workers will be the marines of the Industrial Internet.“ (Michael Jay Moon, Rocco J. Santoro, Hands Free Revolution-Executive Primer, Gistics 2017, online verfügbar)

 

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